26

April

Happy Ends

1999
Der biologische Körper ist obsolet. Ein zweifüßiger, atmender Körper mit binokularem Blick und einem Gehirn von 1400 cm³ ist weder eine besonders leistungsfähige noch eine besonders haltbare Struktur. Er funktioniert oft nicht richtig. Er ermüdet schnell. Seine Leistung ist von seinem Alter abhängig. Er kann nur Wochen ohne Essen, Tage ohne Trinken und Minuten ohne Sauerstoff überleben. Er ist anfällig für Krankheiten und einem sicheren und frühen Tod geweiht. 
Wir sind am Ende der menschlichen Physiologie angelangt. Was fehlt, ist ein modulares Design, und diese Aufgabe kann man nicht der Evolution überlassen. Die Evolution ist ein blinder Uhrmacher.
Körper müssen nicht altern oder sich zerstören. Sie müssen nicht mehr herunterkommen oder gar ermüden, sie würden sich bauen und dann starten, sie würden sich erneuern und reaktivieren. Das Leben verlängern bedeutet nicht mehr “zu existieren”, sondern “handlungsfähig” zu sein.
Wenn der Körper auf modulare Art neu gestaltet wird, dann gibt es – die Verfügbarkeit von Ersatzteilen vorausgesetzt – technisch keinen Grund mehr für den Tod. Der Tod ist kein authentisches Zeichen der Existenz. Der Tod ist eine veraltete evolutionäre Strategie. 
Vielleicht sind wir ja die letzten, die noch sterben! Sollten wir das feiern? Oder sind wir neidisch auf die, die nach uns kommen? Bedeutet sie uns etwas, unsere Sterblichkeit, diese „veraltete evolutionäre Strategie“?
Der Tod jedenfalls ist in der Zwickmühle. Die Zukunft arbeitet an seiner Abschaffung, die Gegenwart an seiner Ausgrenzung. 
Widmen wir ihm also einen schönen Abend mit dem Titel Happy Ends.
Happy Ends: Ein Abend für 33 Zuschauer in zwei verschiedenen Räumen.
Happy Ends: Guter Wein. Gute Stimmung. Trauermärsche mit schrägen Tönen. 
Schutz- und andere Engel. Ein Pinguin. Indianer.
Happy Ends: Ein Abend der Fragen, der subjektiven Strategien, Ahnungen, 
Geschichten und Befindlichkeiten und - im allerschönsten Fall - ein kleines Fest.
Happy Ends ist nach EVERY DAY WE DIE A LITTLE, einer vierstündigen Performance für Shopping - Center und ähnliche öffentliche Räume, die zweite Produktion von german stage service zum Thema Sterblichkeit und Tod.