02

December
Text & Inszenierung & Darstellung

CRY BABY CRY

2001
Weinen Sie gerne? Oder hassen Sie es, zu weinen? Oder finden Sie, das geht niemanden etwas an? Oder finden Sie es lächerlich? Oder haben Sie schon Ewigkeiten nicht mehr geweint?
Mit CRY BABY CRY setzt Rolf Michenfelder seine Erkundung sogenannter „privater Angelegenheiten“ fort, um sie dann mit der Reibungsfläche des öffentlichen Raumes zu konfrontieren.
Nach „EVERY DAY WE DIE A LITTLE“, dem vierstündigen “Theater – Installation – Aktion. No Story – Projekt” (gemeinsam mit Sigrid Giese und Claudia Weiss, siehe u.a. Theater der Zeit 4/99), das sich während der Verkaufszeiten in einem Shopping-Center mit Sterblichkeit und Tod auseinander setzte, spielte die Uraufführung von CRY BABY CRY auf dem Weg in die Fußgängerzone, zu den Kneipen, in einem leerstehenden ehemaligen Computerladen zwischen Kaffeerösterei, Erotikshop und Stoffgeschäft.
CRY BABY CRY widmet sich Rolf Michenfelder dem Weinen mit all seinen Verschiedenheiten und all seinen Ursachen. 
Auf der Rückbank eines New Yorker Taxis sitzt eine Frau. Eine schöne Frau. Oh ja. Die Frau heißt Audrey Hepburn. Draußen im Regen steht George Peppard. Er beugt sich zu ihr hinunter und sagt: „Menschen gehören zusammen, weil es die einzige Möglichkeit ist, ein bisschen glücklich zu werden.“ Audrey Hepburn hat eine Träne im Auge. Eine Träne, die dort verharrt.
Andere Tränen verharren nicht im Auge. Sie strömen, fließen, laufen über Gesichter von Fußballtrainern, Obergefreiten, Gelegenheitsprostituierten, traurigen Fahrrad-fahrern, verliebten Teenagern, Fernsehkommentatoren, Staatssekretärinnen, Vätern, Karnevalscowboys, Videothekbesitzern, ........... In CRY BABY CRY hat man „nah am Wasser gebaut“. Es wird leise geweint, laut geweint, heftig, hemmungslos, still, verzweifelt, glücklich, zornig, verzückt. Es wird geschluchzt, geheult, geflennt, geschnieft, geschluckt. Kein Grund ist zu groß, zu klein, zu banal, zu idiotisch, zu kitschig, zu tödlich, zu hinterhältig, zu taktisch, zu verräterisch, zu lächerlich, zu gewalttätig, zu absurd, ......... . CRY BABY CRY spielt in einem Ladenlokal. Im Schaufenster. Der Schauspieler drinnen, die Zuschauer draußen. Sehen kann man ihn immer. Hören nur dann, wenn man einen der vielen Kopfhörer aufsetzt. Dann ist er ganz nah. Es geht u. a. um Intimität.